Die österreichische Martinsgans ist ein traditionelles Gericht mit tiefer kultureller und religiöser Bedeutung, das meist am 11. November, dem Martinstag, zubereitet und genossen wird. Der Martinstag, der den Namenstag des heiligen Martin von Tours feiert, ist in vielen Regionen Europas fest im Brauchtum verankert. In Österreich steht das Festessen im November im Mittelpunkt – eine knusprig gebratene Gans, oft begleitet von klassischen Beilagen wie Rotkraut und Kartoffelknödeln.
Die Geschichte der Martinsgans in Österreich
Die Tradition der Martinsgans lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen und ist eng mit der Geschichte des heiligen Martin verbunden. Der Legende nach sollte Martin, ein bescheidener Mönch und Soldat, gegen seinen Willen zum Bischof geweiht werden. Um dieser Verantwortung zu entgehen, versteckt er sich in einem Gänsestall. Die Gänse verrieten ihn jedoch durch ihr lautes Geschnatter, sodass er schließlich doch gefunden und zum Bischof gewählt wurde. Als Erinnerung an dieses Ereignis entstand die Tradition, am Martinstag ein Gans zu essen. In vielen europäischen Ländern, darunter Österreich, Deutschland und Polen, ist diese Tradition bis heute lebendig.
Die Martinsgans war außerdem früher ein Symbol des Abschlusses der Erntezeit und des Beginns des neuen landwirtschaftlichen Jahres. Im ländlichen Österreich war das Martinsgansessen lange ein seltenes und gehobenes Vergnügen, da Geflügel für die ärmere Bevölkerung oft zu kostspielig war. Heute ist die Martinsgans jedoch ein fester Bestandteil österreichischer Esskultur, der insbesondere zur kalten Jahreszeit in traditionellen Gasthäusern serviert wird.
Die Zubereitung der klassischen österreichischen Martinsgans
Für die Zubereitung einer österreichischen Martinsgans wird in der Regel eine küchenfertige Gans benötigt, die je nach Größe und Anzahl der Gäste zwischen 3 und 5 Kilogramm wiegt. Die österreichische Variante ist bekannt für ihre knusprige Haut und das saftige Fleisch, das durch eine spezielle Füllung und die richtige Würzung erreicht wird.
Schritt 1: Vorbereitung des Gans
Zutaten für eine klassische Füllung:
- 1 küchenfertige Gans (ca. 4 kg)
- Salz und Pfeffer
- 2 Äpfel, in Stücke geschnitten
- 2 Zwiebeln, in Stücke geschnitten
- 1 Bund frischer Majoran
- 1 Zweig Beifuß (optional)
- 1-2 Knoblauchzehen, grob zerkleinert
Vorbereitung: Die Gans wird gründlich gewaschen und trocken getupft. Eventuelles überschüssiges Fett sollte entfernt werden. Innen und außen mit Salz und Pfeffer einreiben – das sorgt für die würzige Basis und entzieht der Haut Feuchtigkeit – auf diese Weise wird sie später schön knusprig. Die Äpfel und Zwiebeln in Stücke schneiden und gemeinsam mit dem frischen Majoran und Beifuß in die Gans füllen. Diese Füllung sorgt für eine aromatische Dämpfung während des Bratvorgangs und verleiht dem Fleisch ein zusätzliches Aroma.
Schritt 2: Das Braten der Gans
Die Gans wird zunächst bei niedrigerer Temperatur gegart, um ein gleichmäßiges Durchbraten zu gewährleisten und das Fleisch saftig zu halten. Das Backrohr auf 160 °C vorheizen und die Gans mit der Brustseite nach unten in einen großen Bräter legen. Etwas Wasser in den Bräter gießen – das hilft dabei, das Fett aufzufangen, das während des Bratens austritt, und verhindert, dass die Gans anbrennt.
Nach etwa einer Stunde wird die Gans gewendet, sodass die Brustseite nach oben zeigt. Dies ist entscheidend für die knusprige Haut. Insgesamt beträgt die Garzeit etwa 3 Stunden, wobei die Gans während des Garens regelmäßig mit dem eigenen Bratensaft übergossen wird. Kurz vor Ende der Garzeit kann die Temperatur auf etwa 200 °C erhöht werden, um eine besonders knusprige Haut zu erzielen.
Schritt 3: Das Servieren der Martinsgans
Die klassische Martinsgans wird traditionell mit Rotkraut, Erdäpfelknödeln und Maroni serviert. Die Knödel und das Rotkraut sind nicht nur geschmacklich, sondern auch optisch perfekte Begleiter. Sie bieten eine herzhafte Basis und unterstützen die saftige Konsistenz der Gans.
Beilagen für die Martinsgans:
- Rotkraut : Das Rotkraut wird klassisch mit Äpfeln, Zwiebeln und einem Schuss Rotwein zubereitet. Gewürze wie Zimt und Nelken sorgen für eine warme, würzige Note.
- Kartoffelknödel : Diese Knödel bestehen aus einer Mischung aus gekochten und rohen Kartoffeln. Sie sind eine ideale Beilage, da sie den Bratensaft der Gans hervorragend aufnehmen.
- Maroni : Die Maroni werden entweder geröstet oder in die Füllung der Gans integriert. Sie ergänzen die Aromen der Gans perfekt und bieten eine leicht süßliche Note.
Mögliche Varianten der österreichischen Martinsgans
In Österreich gibt es je nach Region verschiedene Varianten der Martinsgans. Einige davon haben sich über die Jahrhunderte entwickelt und sind heute beliebte Abwandlungen des Klassikers.
1. Die gefüllte Martinsgans mit Kastanien und Trockenfrüchten
In dieser Variante wird die Gans mit einer Mischung aus Kastanien, Trockenfrüchten wie Aprikosen oder Rosinen und Gewürzen wie Zimt gefüllt. Diese Füllung verleiht dem Gericht eine besondere Süße und macht die Gans besonders saftig. Diese Version ist besonders in den südlichen Regionen Österreichs beliebt, wo Kastanien häufig in der Herbstküche verwendet werden.
2. Die Gans in Weinsoße
Diese Variante wird in einigen traditionellen Gasthäusern serviert. Dabei wird die Gans zunächst wie üblich vorbereitet, jedoch wird während des Garprozesses regelmäßig eine Rotweinsauce hinzugefügt, die das Fleisch besonders aromatisch macht. Der Rotwein harmoniert perfekt mit dem dunklen Fleisch der Gans und gibt der Sauce eine intensive Tiefe. Für diese Variante wird oft ein österreichischer Rotwein wie Blaufränkisch verwendet, um die regionale Note zu betonen.
3. Die kross gebratenen Gans mit Semmelfüllung
In Wien ist die Martinsgans mit einer Füllung aus Semmelwürfeln, Kräutern und Speck besonders beliebt. Diese Semmelfüllung saugt den Bratensaft der Gans auf und ergibt eine herzhafte Beilage. Der Speck verleiht der Füllung ein kräftiges Aroma und sorgt für eine besonders knusprige Textur. Diese Version des Martinsgans wird oft mit einer einfachen Bratensoße serviert.
Tipps und Tricks für die perfekten Martinsgans
- Die Haut vorbereiten: Um die Haut besonders knusprig zu bekommen, kann man sie vor dem Braten leicht einschneiden oder mit einer Nadel einstechen. Dadurch kann das Fett besser austreten, was zu einer knusprigen Kruste führt.
- Das Garen bei niedrigerer Temperatur: Die Gans sollte zunächst bei niedrigerer Temperatur gebraten werden, um ein Austrocknen zu verhindern. Erst gegen Ende kann die Temperatur erhöht werden, um die Haut zu bräunen.
- Die richtige Soße: Die Gans produziert während des Bratens reichlich Bratensaft, der als Basis für eine köstliche Soße dient. Den Bratensaft mit etwas Rotwein und Gewürzen einkochen lassen, bis eine kräftige Soße entsteht. Nach Bedarf kann die Soße mit einem Schuss Obers verfeinert werden.
Die Bedeutung der Martinsgans heute
Das Martinsgansessen hat heute nicht nur in Österreich, sondern in vielen Teilen Europas und sogar weltweit eine besondere kulturelle Bedeutung. Es symbolisiert die Gemeinschaft und das Feiern mit der Familie in der kälteren Jahreszeit. In vielen österreichischen Familien ist das gemeinsame Martinsgansessen ein wichtiger Brauch, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Auch in der Gastronomie hat das Gericht einen festen Platz, und viele Gasthäuser und Restaurants bieten spezielle Martinsmenüs an, die von der klassischen Variante bis zu modernen Interpretationen reichen.
Das Essen der Martinsgans ist in Österreich mehr als nur ein kulinarisches Erlebnis; Es ist ein Akt des Zusammenkommens und des Genusses. Die Kombination aus saftigem Fleisch, knuspriger Haut und traditionellen Beilagen macht die österreichischen Martinsgans zu einem unvergesslichen Festtagsessen.
Fazit
Die österreichische Martinsgans ist ein traditionsreiches und geschmackvolles Gericht, das am Martinstag viele Familien und Freunde an einen Tisch bringt. Durch die Vielfalt an Zubereitungsmöglichkeiten und Beilagen wird sie nie langweilig und bietet jedem Geschmack eine passende Variante. Die klassische Kombination aus Gans, Rotkraut und Kartoffelknödeln ist in ihrer Einfachheit perfekt und lässt die aromatischen Zutaten im Vordergrund stehen.
Die Martinsgans ist nicht nur ein kulinarischer Hochgenuss, sondern auch ein lebendiges Stück österreichischer Kultur und Tradition.
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